PKV: Unisex-Tarife für Bestandskunden verfassungswidrig
Vielfach wurde darüber diskutiert, ob die PKV Unisex-Tarife auch für Bestandskunden gelten sollen. Nun erklärte der Verfassungsrechtler Prof. Dr. Dr. Josef Isensee, dass die Einführung der Unisex-Tarife für Bestandskunden verfassungswidrig ist. Damit dürfte die Berechnungsgrundlage privater Krankenversicherer hinsichtlich der PKV Unisex-Tarife hinfällig und eine Neukalkulation der Tarife unumgänglich geworden sein. Aktuell zahlen Männer und Frauen unterschiedliche Beiträge für gleiche Leistungen. Die Einführung der Unisex-Tarife soll die Diskriminierung der Frauen aufheben.
Isensee: Einbezug von Bestandskunden verstößt gegen Grundrechte
Ab dem 21. Dezember 2012 sollen die neuen PKV Unisex-Tarife gelten. Innerhalb des PKV-Verbandes wurde daraufhin diskutiert, ob die neuen Unisex-Tarife auch für Bestandskunden gelten sollten. Nun sind derartige Pläne wohl wieder in den Schubladen verschwunden, da die Umsetzung als nicht durchsetzbar gilt. Rolf Bauer, der Vorstandsvorsitzende der Continental Krankenversicherung sagte nun, dass unabhängig von der Umsetzbarkeit eine Einbeziehung der Bestandskunden dem Grunde nach verfassungswidrig sei. Eine Einbeziehung von Bestandskunden in die PKV Unisex-Tarife wäre ein Verstoß gegen die Grundrechte, so das Ergebnis des Gutachtens von Professor Isensee.
PKV Unisex-Tarife für Bestandskunden verstößt gegen Besitzstandswahrung
Dem Gutachten nach wird in die Vertragsfreiheit ebenso eingegriffen, wie in die Eigentumsgarantie von privaten Krankenversicherern und deren Versicherten. Zudem würde in das Grundrecht auf freie Berufsausübung der Unternehmen und in die Handlungsfreiheit der Kunden eingegriffen, so das Ergebnis des Gutachtens. Isensee sagt weiter, dass es sich hierbei um ein privates Interesse handeln würde, das sich der Gesetzgeber nicht zu eigen machen dürfe. Dies ginge allein schon deshalb nicht, weil der Gesetzgeber nur dem Allgemeinwohl verpflichtet sei. Um einzelnen Unternehmen die Wettbewerbsrisiken zu ersparen und dadurch deren private Interessen zu sichern sei demnach kein Grund für einen Grundrechtseingriff, so Isensee.
Unisex-Tarife: „Muss-Regelung“ und keine „Kann-Regelung“
Bereits im Dezember vergangenen Jahres hatte die EU-Kommission klargemacht, dass Bestandskunden in der privaten Krankenversicherung (PKV) nicht auf die Unisex-Tarife umgestellt werden müssten. Diese „Kann-Regelung“ wird nun durch das Gutachten in eine „Muss-Regelung“ geändert. Rolf Bauer von der Continentale Krankenversicherung sieht seine Sichtweise indes voll bestätigt. Ob die Bundesregierung noch ein Gegengutachten in Auftrag geben wird oder ob es sich nun um eine rechtskonforme Auffassung sowohl der Versicherungswirtschaft als auch des Gesetzgebers handelt, bleibt abzuwarten.
Unisex-Tarife: Beitragsungerechtigkeit zwischen Mann und Frau aufheben
Durch die Unisex-Tarife in der PKV sollen die Beitragsungerechtigkeiten der Geschlechter aufgehoben werden. So mussten Frauen aufgrund der höheren Lebenserwartung und möglicher Schwangerschaften zum Teil deutlich höhere Beiträge bezahlen als die Männer. Diese faktische Beitragsungerechtigkeit wird durch die Unisex-Tarife nun aufgehoben. In aller Regel bedeutet dies, dass die Tarife für die Männer angehoben werden, während sie für die Frauen etwas abgesenkt werden. Die Berechnung der Tarife erfolgt hierbei nach einer speziellen Berechnungsformel. Ab dem 21. Dezember 2012 müssen die Unisex-Tarife verpflichtend eingeführt werden. Bis dahin können vor allem Männer noch die PKV zu den alten günstigeren Tarifen erhalten. Durch das Rechtsgutachten dürften diese Kunden nun auch sicher sein, nicht mit einer Unisex-Tariferhöhung im nachhinein belegt zu werden.
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