GKV: Abschaffung der Praxisgebühr immer wahrscheinlicher

In der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) steht eine wichtige Änderung an: Die Praxisgebühr könnte ersatzlos abgeschafft werden. Grund hierfür sind die in den letzten Jahren erwirtschafteten, milliardenschweren Überschüsse, die von der gesetzlichen Krankenversicherung zunächst für Rücklagen genutzt wurden. Da die Summe der Überschüsse aber inzwischen die Grenze von 20 Milliarden Euro übersteigt, muss sich die GKV die Frage vorlegen, wie zumindest ein Teil des Geldes wieder an die Versicherten zurückfließen kann. Eine gute Möglichkeit hierzu wäre die Abschaffung der Praxisgebühr.

Dass ein Teil der erwirtschafteten Überschüsse auf irgendeine Weise an die Versicherten, welche die Überschüsse durch ihre Beiträge erst ermöglicht haben, zurückfließen muss, ist auch innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung nicht umstritten. Uneinigkeit herrscht jedoch zwischen den einzelnen Krankenkassen noch über die Frage, wie dieser Rückfluss von statten gehen soll. Bedenkt man, dass allein der Gesundheitsfonds, also die Notfallreserve für alle gesetzlichen Krankenversicherungen, inzwischen stolze 14 Milliarden stark ist und dass die einzelnen GKV jede für sich ebenfalls noch über große Reserven verfügen, ist die Entscheidung bezüglich einer Rückzahlung dringlich.

Einzelne GKV kündigen Prämien an

Inzwischen haben einige gesetzliche Krankenversicherungen angekündigt, jedem ihrer Versicherten eine Prämie auszahlen zu wollen. So kündigte die Techniker Krankenkasse zunächst an, pro Versichertem eine Summe zwischen 60 und 120 Euro bereitzustellen. Nachdem sich die Pressemeldungen über Milliardenüberschüsse der GKV in den deutschen Medien immer mehr häuften, ging die TK noch einen Schritt weiter und erklärte sich bereit, jedem Versicherten zusätzlich die im letzten Jahr geleisteten Praxisgebühren zurückzahlen zu wollen.

Mit diesen Vorschlägen steht die TK innerhalb der GKV schon lange nicht mehr allein da. Die IKK gesund Plus kündigte beispielsweise an, im Jahr 2013 auf die Erhebung von Praxisgebühren von ihren Versicherten zu verzichten.

Politik und Medien fordern die Abschaffung der Praxisgebühr

Die von vielen gesetzlichen Krankenversicherungen angekündigten Prämien und anderen Rückzahlungen gehen Medien und Politik aber noch nicht weit genug. Statt einer vorübergehenden Aussetzung der Praxisgebühren durch einzelne gesetzliche Krankenversicherungen fordert Gesundheitsminister Bahr schon seit langem die komplette Abschaffung der Praxisgebühren. Unterstützung erhält er dabei vom Vorsitzenden seiner Fraktion, Rainer Brüderle. Brüderle forderte in einem Interview mit der Düsseldorfer Ausgabe der Rheinischen Post, die Praxisgebühren vollständig abzuschaffen und außerdem die GKV Beiträge für alle Versicherten zu senken.

Abschaffung der Praxisgebühren ist für GKV nicht allzu teuer

Die Bereitschaft vieler gesetzlicher Krankenversicherung, entweder vorübergehend oder sogar vollständig auf die Erhebung der Praxisgebühren verzichten zu wollen, ist im ersten Moment recht erstaunlich. Denn bis vor kurzem galten Praxisgebühren, wenn man den Vertretern der GKV glauben durfte, als unumgänglich, ihre Abschaffung als Gefährdung des deutschen Gesundheitssystems. Vergleicht man jedoch das Verhältnis zwischen den erwirtschafteten Rücklagen der gesetzlichen Krankenversicherung mit dem Kostenaufwand für die Abschaffung der Praxisgebühr, so stehen hier Überschüsse von 20 Milliarden Euro Kosten in Höhe von zwei Milliarden gegenüber. Dass die Praxisgebühr fallen wird, kann also auch die GKV nicht mehr lange aufhalten.

Update 05.11.2012

Regierung beschliesst Abschaffung der GKV Praxisgebühr

Die Regierungskoalition hat sich in der vergangenen Nacht auf die endgültige Abschaffung der Praxisgebühr für GKV Versicherte geeinigt. Dies berichtet das Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Nach zähen Verhandlungen, in welchen es neben der Abschaffung der Praxisgebühr auch um das Betreuungsgeld und die Aufstockung von Mini Renten ging, traten die Generalsekretäre von CDU, CSU und FDP vor die Presse. Sie verkündeten, was bezüglich der Praxisgebühr schon lange von Kreisen der Politik, der Medien aber vor allem der Bevölkerung gefordert worden war: Sie wird ersatzlos gestrichen.

Abschaffung der Praxisgebühr überfällig

Die Abschaffung der Praxisgebühr für Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung war überfällig. Zu hartnäckig war die Kritik am bisherigen Verhalten der gesetzlichen Krankenkassen inzwischen geworden: Einerseits Überschüsse in Milliardenhöhe zu erwirtschaften und andererseits nur vereinzelt und abhängig von der jeweiligen GKV die Versicherten hiervon profitieren zu lassen. Durch den Wegfall der Praxisgebühr ist nun ein Instrument gefunden worden, das eine Erleichterung für alle gesetzlich Krankenversicherten in Deutschland mit sich bringt. Dass erst soviel Druck durch die verschiedensten Kreise auf die gesetzlichen Krankenversicherungen ausgeübt werden musste, damit die Praxisgebühr fällt, sollte jedoch trotzdem nicht vergessen werden.

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