Private Krankenversicherung: Entbindungserklärung bald Pflicht
Nach Berichten der Berliner Zeitung „Der Tagesspiegel“ kommt es in letzter Zeit gehäuft vor, dass private Krankenversicherer (PKV) von ihren Kunden eine unterschriebene Entbindungserklärung anfordern. Durch die Entbindungserklärung erlaubt der Versicherte seinem Arzt persönliche Daten preiszugeben, die sonst unter die ärztliche Schweigepflicht fallen würden.
PKV: Datenerhebung ohne Rücksprache mit dem Patienten
Die privaten Krankenversicherer geben den Sinn der Anforderung einer Entbindungserklärung damit an, dass medizinische und ärztliche Leistungen überprüft werden sollen. Bisher waren die Entbindungserklärungen hinsichtlich der zu erhebenden Daten sehr weit gefasst. Versicherte in der PKV sollen pauschal sämtliche Ärzte, Pflegekräfte, andere Versicherer und auch Behörden durch die Unterschrift von der Schweigepflicht entbinden. Ziel der Maßnahme ist eine Datenerhebung, ohne weitere Rücksprache mit dem Patienten nehmen zu müssen. Diese pauschale Entbindungserklärung rief jedoch bei den betroffenen Versicherten keine positiven Reaktionen hervor. Neben vielen Versicherten erhoben auch Datenschützer Kritik an der Verfahrensweise der Versicherungsunternehmen.
Bundesverfassungsgericht: Beschränkung auf bestimmte Aspekte muss gegeben sein
Das Bundesverfassungsgericht bemängelte bereits im Jahre 2006 die Pauschalerklärung der Entbindungserklärung. Nach Maßgabe des Gerichts muss dem Versicherten das Recht zugesprochen werden, die Entbindungserklärung entweder auf bestimmte Krankheiten oder aber auf bestimmte Ärzte oder sonstige Personen und Behörden zu begrenzen. Nur so sei nach Ansicht des Gerichts sichergestellt, dass der Privatpatient eine Kontrollfunktion dahin gehend ausüben könne, wer wann und wo bei wem Daten erhebe. Ein Vertreter der Debeka Krankenversicherung sagte im „Tagesspiegel“, dass die alten Entbindungserklärungen auf eine alte Formulierung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) beziehen würden. Die Debeka wolle nun die Formulierung neu fassen und im Sinne des Patienten anpassen. So soll bereits im ersten Quartal 2012 die neue Formulierung umgesetzt werden und somit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genüge getan werden, so der Sprecher der Debeka weiter.
PKV: Entbindungserklärung zur Risikoermittlung?
Bis dahin empfehlen Experten den Betroffenen, entweder die Entbindungserklärung nach altem Muster mit Hinweis auf die neue Formulierung nicht zu unterschreiben oder nur eine eingeschränkte Entbindungserklärung für bestimmte Ärzte oder bestimmte Krankheiten abzugeben. Einige Experten kritisieren die Erhebungsmethode derweil, weil diese angeblich als alleinige Maßnahme seitens der Versicherer dienen soll, anhand der Krankheitsdatenerhebung ein Risikoprofil des Versicherten zu erstellen. Ziel sei damit letztlich eine Prognose hinsichtlich möglicher zukünftiger Kosten der PKV in Bezug auf den jeweiligen Kunden. Entsprechend der gewonnenen Daten und der Anzahl der in einem bestimmten Tarif befindlichen Versicherten könnte so ein bestimmter Tarif „geschlossen“ werden und somit der Kunde durch hohe Beitragsanhebungen in weniger leistungsfähige PKV Tarife gelotst werden. Derartige Verfahrensweisen werden vielfach bereits heute bei alten Versicherten und alten Tarifen angewendet.